beates blog

Nach über 4 Monaten habe ich vor kurzem den ersten Burger hier gegessen. Weil gerade nichts besseres auf unserem Weg lag hat MCDohf mal wieder etwas Geld von uns bekommen, und ich hab mir nen Quarterpounder ausgesucht. ¼-Pfünder sind in England und Nordamerika als größere Version der Standardburger ziemlich beliebt und ein echter Klassiker. Auf dem europäischen Festland nennt sich der „Burger Royal mit Käse“, weil das metrische System unter einem viertel Pfund Hackfleisch eine andere Menge alter Milchkuh versteht als der Queen das mal vorschwebte. Wer “Pulp Fiction” gesehen hat weiß das. Wer sich etwas besser mit MC Donalds auskennt weiß auch, dass der “Royal TS” kein Quarterpounder ist, sondern eine gepimpte Version davon. Das “TS” steht für “Tomate und Salad”.

Ehrlich gesagt hätte ich mir das sparen können, auch Beates Chicken MC Nuggets waren für die Füße. Ich dachte der Konzern hätte weltweit ein einheitliches Angebot und gleiche Qualität, aber die kanadische Version erschien uns wie ein billiger Abklatsch.

Beim nächsten Heißhunger auf Fast-Food sollten wir uns vielleicht wieder etwas stramm kanadisches aussuchen und eine Poutine essen. Das ist ein pervers klingende Mischung aus Fritten, Käse und Bratensoße, die es hier in zig Varianten und an quasi jeder Ecke gibt. Schmeckt gut! Ich werde wohl nie in die Verlegenheit kommen, aber sollte ich mir wirklich mal einen Winterspeck anfressen müssen werden Poutines sicher ein fester Bestandteil meiner Ernährung werden J

[Achim]

Heute wurde in Nordamerika die Umstellung auf Sommerzeit durchgeführt. Entgegen unseren Erwartungen spricht man hier nicht von „summer time“, sondern von „daylight saving time“.

Bis Ende April beträgt der Zeitunterschied nach Deutschland nicht mehr wie üblich 6 Stunden, sondern nur noch 5 Stunden. Seit 1996 wird nicht mehr wie in Europa üblich am letzten Aprilwochenende und am letzten Wochenende im Oktober umgestellt, sondern am zweiten Sonntag im März und am ersten Sonntag im November. Sollte sich herausstellen, dass durch die Ausweitung der Sommerzeit keine Energie eingespart wird, kann auf das europäische System zurückgestellt werden. Die derzeitige Regelung ist also nur vorläufig.

Russland verkündete vor kurzem bei der Sommerzeit zu bleiben, um die Umstellungsprobleme in Zukunft zu vermeiden. Diese betrifft nicht nur Menschen, bekanntlich geben Kühe nach den beiden Zeitumstellungen jedes Jahr weniger Milch. Eine Universität hier in Ontario hat außerdem herausgefunden, dass Morgen für PKWs ein 17% größeres Unfallrisiko herrscht als an gewöhnlichen Montagen.

Sehr interessant war es für mich zu lesen, dass die alte Zeiteinteilung ohne Umstellung auf Sommerzeit hier in Nordamerika alles andere als eine große Tradition hat. Bis 1883 hatte jeder Ort seine eigene Zeitzone, in der um 12 Uhr Mittag die Sonne exakt im Süden stand. Das war damals fast problemlos durchzuführen, nur für Zugreisende muss dieser Zustand die Hölle auf Erden gewesen sein. Deswegen gab es an vielen Bahnstationen 2 Uhren. Eine war auf Lokalzeit, eine auf Bahnzeit eingestellt. 1883 unterteilten dann die Eisenbahnen den Kontinent in 4 Zeitzonen. Diese setzten sich durch, wenn auch zum Teil gegen erheblichen Widerstand. Einige Gemeinden beschlossen damals gar trotzig die Beibehaltung ihrer Zeitzone.

Bereits 1916 führten im 1. Weltkrieg die Mittelmächte unter Führung Deutschlands die Sommerzeit ein, um z.B. Kohle zu sparen. Die Kriegsgegner der Entente und Russland zogen 1917 nach, die USA 1918. Ab dann ging dieser Virus um die Welt, seit der Ölkrise der 70-er Jahre mit großem Einfluss auf die Nordhalbkugel. Das nördlichste Land das noch nie damit experimentiert hat ist Afghanistan.

Hier in Kanada sind übrigens die Rebellen von 1883 immer noch präsent. Die Sommerzeit wird von einigen Teilen Quebecs und Saskatchewans nicht mitgetragen. Auch in einigen Gemeinden von Ontario, British-Columbia und anderen Bundesstaaten hält man sich nicht an die üblichen zeitlichen Gepflogenheiten. Die Varianten und Gründe sind so unterschiedlich und vielfältig, dass ich darüber einen eigenen Artikel schreiben könnte. Manche bleiben bei der Sommerzeit, andere übernehmen eine angrenzende Zeitzone oder bleiben bei der Winterzeit. Verstehen kann ich das ja, wenn kleine Gemeinden sich an die Zeitzone des angrenzenden Bundeslandes halten, weil sie im Einzugsbereich großer Städte liegen. Aber warum die anderen ihre zeitliche Extrawurst braten kann ich Euch wirklich nicht sagen.

Aber wie bezeichneten es die Amis im kalten Krieg, wenn etwas wirklich keinen Sinn machte? “Just to confuse the Russians”

[Achim]

In Deutschland wird es wärmer, der Frühling meldet sich an. Hier in Toronto wird es ebenfalls wärmer, leider fühlt sich das aber ziemlich suboptimal an. Seit Anfang Dezember hatten wir ja tagsüber zumeist -2 bi -10 Grad. Dank der Lage am See sehr stabil, also ohne große Temperaturschwankungen. Dadurch konnte sich auch die bekennende Frostbeule Beate wirklich gut an den Winter anpassen, zeitweise war es ihr sogar zu warm wenn wir mal knapp über 0 Grad hatten. Hier in Toronto kann man also mit dem kanadischen Winter wirklich leben.

Zuletzt wurde es aber wärmer, und damit auch unangenehmer. Schneeregen, tief hängende Wolken, so dass man von unserem Balkon nicht mal mehr den ca. 3 Kilometer entfernten CN Tower (ehemals Skytower) sehen kann.

Ein perfektes Wetter also um schön drinnen zu bleiben, Cappuccino oder heiße Schokolade zu schlürfen und „8000“ von Extrawelt zu hören. Tagelang. Denn das Wetter bleibt erst mal so. Wer das Lied nicht kennt, hier ist der Link: http://www.youtube.com/watch?v=ho7gIr69UkQ

[Achim]

So ziemlich jeder dürfte schon einmal den Film Groundhog Day (Und täglich grüßt das Murmeltier) gesehen haben. Dieser Groundhog Day ist am 2. Februar [auch bekannt als Schmiddingers Geburtstag – herzlichen Glückwunsch!]. An diesem Tag wird der Wetterfrosch durch ein Murmeltier ersetzt, das uns sagt wie lange der Winter noch gehen wird.

Nordamerika schaut derzeit gespannt auf das Murmeltier, denn schon wieder zieht ein kolossaler Schneesturm über den Kontinent. Deswegen wird die aktuelle Wetterlage auch schon „Snowmageddon“ oder „Snowpocalypse“ genannt, nur hier in Toronto kommt natürlich wieder nicht viel davon an. Immerhin soll es nun 20-30cm Schnee geben, aber das glauben wir inzwischen erst wenn die weiße Pracht auch tatsächlich so hoch daliegt.

Bewohner anderer Regionen werden uns aufgrund unserer Sehnsucht nach mehr Schnee vermutlich mit der Schneeschaufel oder einem Salzeimer erschlagen. In Missouri wurde der Ausnahmezustand ausgerufen und die Nationalgarde alarmiert. Dort fallen im Durschnitt 15cm Schnee pro Winter. Alleine der aktuelle Schneesturm hat 35-60cm gebracht! Selbst New Mexico ist inzwischen vom Schneesturm betroffen.

Zu was so ein Schneesturm führen kann zeigt uns dieses Video aus Portland, Oregon, vom Januar 2007:

http://www.youtube.com/watch?v=zMzeiMJQrvk

[Achim]

Der kanadische Dollar war in der Vergangenheit stets der kleine (und schwache) Bruder seines südlichen Nachbarn. Da beide Währungen auf den Namen Dollar hören ist ab jetzt mit dem Dollar die US-Variante gemeint, während der kanadische Dollar mit seinem Spitznamen Loonie genannt wird.

Ein Loon ist ein Seetaucher, der optisch an eine Ente erinnert. Diese Gattung hat es auf die kanadische 1-Dollar-Münze geschafft, auf der anderen Seite ist das offizielle Staatsoberhaupt Queen Elizabeth zu sehen. Deswegen wird die Dollarmünze Loonie genannt, und die 2-Dollar-Münze Twonie.

Böse Zungen behaupten, die beiden Seiten der kanadischen Dollarmünze wären schwer zu unterscheiden. Andere böse Zungen sagen, der US-Amerikanische Dollarschein wäre weniger wert als das Papier auf das er gedruckt wird. Vermutlich ist an der zweiten These mehr dran, denn seit 2002 ist der ehemals quasi feste Wechselkurs zwischen Dollar und Loonie Stück für Stück weggebrochen. Ich erinnere mich nicht mehr korrekt ob der bei 1:1,3 oder 1:1,5 lag, das ist im Prinzip auch egal. Denn heute liegen Greenback und Loonie in etwa auf Augenhöhe, wobei der Loonie seit Dezember leicht über der Paritätslinie liegt.

Das bedeutet natürlich Probleme für Kanadas Wirtschaft beim Export. Ein großer Industriezweig der vom Export lebt ist die Automobilindustrie hier in Ontario. Hier gab es seit dem Abschwung des Dollars ab 2002 harte Einschnitte, alleine in den letzten 5 Jahren wurden hier in Ontario ca. 300‘000 Arbeitsplätze vernichtet. Dagegen wurden im Aufschwung der ersten 9 Monaten des letzten Jahres nur 1‘600 neue Positionen geschaffen.

In der öffentlichen Debatte wird dabei klar, dass gutbezahlte Industriejobs mit geringer Qualifikation der Vergangenheit angehören. Wer den Film 8 Miles gesehen hat weiß, dass hier in Nordamerika noch oft Menschen stupide Arbeit in den Autowerken verrichten, die in Europa schon längst Roboter erledigen. Wer sich etwas mit dem Thema Gewerkschaften in Nordamerika auskennt kann sich an einer Hand abzählen, dass hier ein Schweinegeld für Jobs bezahlt wurde, für die vermutlich auch ein Zombie geeignet ist.

Doch der Strukturwandel macht auch um Kanada keinen Bogen. Die Firmen die den Exodus der letzten Jahre überlebt haben sind produktiver als vorher und wissen, dass die Parität des Loonie zum Greenback sich auf absehbare Zeit nicht ändern wird. Derzeit gilt die Schwelle von 1,05 Dollar als kritisch. Sollte der Loonie diese Grenze überschreiten wird es die kanadische Industrie wieder hart treffen, bis dahin ist die Wettbewerbsfähigkeit gesichert.

Das Suchprofil der Automobilindustrie hat sich in den vergangenen Jahren sehr gewandelt. Gesucht werden nun qualifizierte Arbeitskräfte, die zum Beispiel verschiedene Maschinen bedienen bzw. warten können. Diese Arbeiter werden sogar so gesucht, dass einige für die Zukunft von höheren Löhnen bei dieser Gruppe ausgehen, als bei Anwälten beim Berufsstart.

Auffallend ist, dass 30% der derzeitigen Arbeitskräfte in Ontarios verarbeitender Industrie in der letzten Dekade eingewandert sind, und ein Großteil hiervon qualifizierte Arbeitskräfte sind. Eine weitere statistische Zahl gibt aber Grund zur Hoffnung für die „normale“ Arbeiterschaft. Das derzeitige Durchschnittsalter in Ontarios Automobilindustrie ist bei 56 Jahren. Es steht also ein großer Generationswechsel an. Damit besteht die Chance, den derzeitigen Strukturwandel zu überstehen, ohne Meldungen über Massenentlassungen lesen zu müssen.

[Achim]

Political Correctness ist seit Jahren ein wichtiges Thema in Nordamerika. Zwar gibt es genügend Menschen die das Übertrieben finden, am aktuellen Kurs ist aber keine Veränderung in Sicht. Ein gutes Beispiel für Political Correctness kann man an Weihnachten beobachten. Hier wünscht man sich nicht mehr „Frohe Weihnachten“ (Merry Christmas), sondern „Happy Holidays“. Sonst könnte man ja die Gefühle der nicht-christlichen Einwohner verletzen.

Ein anderes Beispiel sorgte bei mir vor kurzem für Kopfschütteln. Die Dire Straits spielten mit „Money for nothing“ einen Welthit ein, der bis vor kurzem in kanadischen Radiostationen aufgelegt wurde. In dem kommt auch das Wort Faggot (Schwuler) vor, was einen Hörer zu einem Protestschreiben veranlasste. Das Wort wird dort 3 Mal genannt und veranlasste das zuständige Gremium, das Lied auf den Index für Radiosender zu nehmen. Es darf also nur noch gespielt werden, wenn statt Faggot ein anderes Wort gesungen wird.

Hier die kritische Stelle:

See the little faggot with the earring and the makeup
Yeah buddy that’s his own hair
That little faggot got his own jet airplane
That little faggot he’s a millionaire

Es spielte keine Rolle, dass diese Stelle nur ein Teil des gesamten Lieds ist, die sich mit dem abgehobenen Musikbusiness beschäftigt. Auch der darin stattfindende Dialog spielte keine Rolle. Ich persönlich kann auch wirklich nichts an dem Lied erkennen, was schwulenfeindlich wäre. Der Entscheid beruhte darauf, dass das Wort Faggot heutzutage abwertend wäre, und sich der Umgang mit diesem Wort seit 1985 geändert hätte.

Wenigstens bin ich nicht der einzige der darüber den Kopf schüttelt. Ich bin inzwischen im Internet mehrfach auf Äußerungen gestoßen, die diese Entscheidung für Schwachsinn halten. In den Medien traute sich allerdings niemand, sich so weit aus dem Fenster zu lehnen.

[Achim]

Diese Woche hatten wir für ca. 20 Stunden kein Wasser im Gebäude. Es fing damit an, dass der Wasserdruck stetig abnahm, bis schließlich kein kaltes Wasser mehr aus der Leitung kam. Damit war klar, dass wir nur noch nen Boilerinhalt zur Verfügung hatten.

Da vorher keine Warnung erfolgte, folgte natürlich erst einmal ein Anruf an die Gebäudeverwaltung. Die sagte uns dass die Stadtwerke am basteln sind, und bis ca. 16 Uhr alles abgeschlossen sein soll. Um es abzukürzen, wir hatten erst am nächsten Vormittag wieder Wasser, aber noch Glück im Unglück. Wir mussten am nächsten Tag nicht frisch geduscht ins Büro, keiner von uns kam verschwitzt aus dem Fitnessstudio heim. Beate lief noch kurz zum Supermark und kam mit Cola und einer 4-l Wasserflasche zurück, und so kamen wir gut über die Zeit. Andere in unserem Haus hatten es sicher schwerer.

Noch einmal schlimmer erwischt hat es ein Haus im Stadtteil North York. Dort wurden gestern um 14 Uhr Elektrikarbeiten begonnen. Um 18 Uhr waren diese zwar abgeschlossen, das Haus blieb aber dunkel. Die Feuerwehr konnte die Stromversorgung auch nicht mit einem Notstromaggregat wieder herstellen. Bei -8 Grad Außentemperatur blieb das Gebäude kalt, die Bewohner mussten in Notunterkünften untergebracht werden. Betroffen waren bis zu 1000 Menschen! Dann doch lieber ohne Wasser

[Achim]

Über manche Dinge kann man sich als Ausländer hier echt nur an den Kopf fassen. Wie leicht man hier an ein Bankkonto kommen kann ohne seine wirklichen Personalien zu nennen haben wir ja schon erzählt. Dass damit viel Schindluder getrieben wird, und Banken deswegen in vielerlei Hinsicht wieder von Überweisungen auf Schecks zurückgewechselt haben, ebenfalls. Auch wir wurden davon wieder einmal eingeholt.

Kurz vor Weihnachten mussten wir einen Flug buchen. Internet durchstöbern, Kreditkarte durchziehen, fertig – meint man. Eine halbe Stunde nach der Buchung klingelt das Telefon. Die benutzte Kreditkarte ist nicht aus den USA oder Kanada, deswegen müssen wir „Aus Sicherheitsgründen“ ein Formblatt ausfüllen und samt einer Kopie des Ausweises per mail oder Fax verschicken.

Wir haben keinen Drucker, wir haben schon gar kein Kopiergerät, wir sind mitten im Umzug. Deswegen weise ich schriftlich darauf hin, dass das ein paar Tage dauern wird. Keine Reaktion. Als ich das Formblatt und die Ausweiskopie gefaxt habe schreibe ich eine weitere E-Mail mit der Bitte um Eingangsbestätigung. Keine Reaktion. Eine Woche später rufe ich in der Firma an und frage nach. Nach einer gefühlten Ewigkeit in der Warteschleife wird mir mitgeteilt, dass die Kopie nicht rechtzeitig einging, und deswegen mein Flug storniert wurde. Selbstverständlich ohne mir das mitzuteilen (das wäre ja professionell).

Zum Glück kann ich den Flug zum gleichen Preis noch einmal buchen. Dann jedoch soll ich noch einmal eine Kopie meines Ausweises zuschicken. Ich bin dann doch deutlich zu unentspannt, als dass ich den Quatsch noch einmal auf mich nehme. Die Dame am anderen Telefon gibt schließlich klein bei und fängt an, den Papierstapel zu durchsuchen, worauf sie merklich keine Lust hat.

Eine halbe Stunde später klingelt das Telefon, mein Fax wurde gefunden. Allerdings ist es zu dunkel um mein Gesicht zu erkennen. Ich muss mir die Bemerkung verkneifen, dass ich ihr gerne mit Photoshop ein hübsches Bild nach ihrem Geschmack male und schicke, was sie von einer echten Passkopie ja eh nicht unterscheiden könnte. Denn wer „Aus Sicherheitsgründen“ solche lächerlichen Prozesse aufsetzt zieht sich vermutlich die Hose mit der Kneifzange an oder bricht sich den Finger, wenn er in der Nase bohrt.

Die folgenden 10 Minuten bewegt sich das Gespräch in der immer gleichen Schleife. Ich werde aufgefordert alles noch einmal zu faxen. Ich weigere mich. Zum einen weil ich keine Lust habe den ganzen Quatsch noch einmal von vorne zu beginnen und weil die Vergangenheit gezeigt hat dass das noch lange keine Lösung sein muss. Zum anderen, und das ist der Grund den ich der Dame nenne, weil ich die Schuld für das zu dunkle Fax natürlich nur im schlechten Gerät auf der Gegenseite sehe, und dann die beste Kopie der Welt nichts bringt. Irgendwann frage ich sie dann genervt, warum sie nicht einfach meine Kredikarte belastet, wenn es sich um einen Betrug handelt wird ja ein Storno einlaufen. Davon gehe ich allerdings nicht aus, da ich ja hartnäckig mein Geld bei ihr loswerden will.

Plötzlich kommt Bewegung in die Sache. „Das kann ich natürlich machen. Wenn ich Glück habe schaut mein Chef nicht ob ich eine Ausweiskopie eingefordert habe, und dann geht alles gut“. Kurze Zeit später ist die Dame zufrieden, sagt mir die Bestätigung meiner Flugdaten per E-Mail zu (wenn auch nur auf Aufforderung), ich beende das Gespräch. Wenig später kommt die Bestätigung per E-Mail herein, seither weiß ich wann Herr Derrick William von Halifax nach Edmonton fliegen will. Wenige Minuten danach kommt, sogar ohne jegliche Aufforderung von mir, die richtige Bestätigung in mein Postfach. Gutes Personal ist einfach unbezahlbar!

Nebenbei noch angemerkt: In dem Formblatt wurde neben der Ausweiskopie auch eine beidseitige Kopie der Kreditkarte gefordert. Mit der Frontseite habe ich das auch gemacht, was natürlich Kritik über die fehlende Rückseite mit sich brachte. Ich habe der Dame dann schön erklärt dass ich das definitiv nicht machen werde, denn auf der Rückseite befindet sich auch der 3-stellige Sicherheitscode. Bei einer beidseitigen Kopie kann also jeder der das Fax liest die Webshops dieser Welt leerkaufen! Offensichtlich hat daran keiner gedacht, denn eine Antwort habe ich auf dieses Argument nicht bekommen *g*

[Achim]

Wir sind kürzlich in eine neue Wohnung umgezogen, die WG-Zeiten sind vorbei. Was wir uns anfänglich sehr leicht vorgestellt hatten war leider alles andere als einfach und zog sich über mehr als einen Monat hin.

Es beginnt damit, dass der Immobilienmarkt in Toronto sehr eng ist, vor allem wenn es um möblierte Wohnungen geht, wie wir sie suchten. Vieles läuft auch anders ab als wir es gewohnt sind. Positiv zu nennen ist in dieser Hinsicht, dass Makler vom Vermieter bezahlt werden. Das schlägt sich natürlich auch auf die Miete nieder, es wäre blauäugig damit zu rechnen dass hier jemand die Spendierhosen an hat. Aber wenn man für diesen Service sowieso bezahlt, dann kann man ihn auch ausnutzen und das hat uns sehr geholfen.

Da stimmte es uns schon deutlich nachdenklicher, dass man hier bei einem Mietvertrag direkt für 12 Monate unterschreiben muss. Wenn man einen Nachmieter findet, kann man auch wieder früher aus der Wohnung raus, aber trotzdem muss man sich mit solchen Dingen eben erst einmal zurechtfinden. Und damit fängt es erst an, denn als nächstes muss man seine Bonität nachweisen. Die Vermieter schauen sich hier schon sehr genau an wen sie in ihre Wohnung reinlassen, denn es ist genauso schwer wie in Deutschland einen Mieter der nicht bezahlt wieder rauszuwerfen. Also mussten wir uns daran gewöhnen eine Bankauskunft erstellen zu lassen und eine Bestätigung des Arbeitsplatzes (Letter of Employment) vorzuweisen.

Darüber hinaus kamen noch einige andere Abenteuer dazu. Nachdem wir rechtzeitig einen Betrugsversuch bemerkten, stellte sich schnell heraus, dass es derzeit sehr viele Leute versuchen Wohnungssuchende zu einer Überweisung mit Western Union zu verleiten. Überweisungen mit Western Union gibt es auch in Deutschland und werden gerne für Transfers ins Ausland (z.B. für Familienangehörige) verwendet. Sie laufen nicht auf ein Konto, sondern gehen an eine Person.

Wir als brave Deutsche gehen natürlich erst mal davon aus, dass das ein sicherer Weg ist. Doch wie wir inzwischen wissen kann man sich in manchen Ländern mit einem Ausweis bekanntlich eher den Hintern abwischen als fest darauf zu bauen, dass mit den Daten wirklich alles stimmt. Deswegen wird Western Union gerne auch von Betrügern verwendet, und die Bank selber warnt davor diesen Service nicht zu verwenden, wenn man die andere Person nicht persönlich kennt. Wir haben an diesem Punkt den Kontakt abgebrochen, aber letzte Woche auch von einem Fall gehört, wo ein Pärchen kürzlich auf diese Art und Weise über 900$ verloren hat. Also aufpassen was ihr international über Craigslist macht.

Über Craigslist haben wir dann aber trotzdem unsere Wohnung gefunden, und wir ihr anhand des Bilds sehen könnt ist die Aussicht von hier sehr zu genießen. Derzeit jedenfalls, denn direkt vor unserer Nase werden 3 weitere Gebäude hochgezogen. Aber in diesem Jahr wird keines davon hoch genug werden, und länger planen wir derzeit auch nicht.

Das ist übrigens nicht die einzige Stelle in Toronto in der eifrig gebaut wird. Es kommt derzeit viel Geld aus dem Ausland in die Stadt, vom platzen der letzten Immobilienblase ist hier nichts mehr zu spüren. Wir haben inzwischen zahlen zwischen 20‘000 und 30‘000 Maklern gehört, die alleine hier in Toronto existieren. Derzeit gibt es ja genug zu tun, wie die für dieses Jahr geplante Fertigstellung eines symbolkräftigen Gebäudes zeigt. Donald Trump erstellt derzeit ein Mischgebäude aus Hotel und Wohnungen, das mit 282 Metern das höchste Wohngebäude Kanadas und das zweithöchste Gebäude in Toronto sein wird. Der CN-Tower, ehemals Skytower, ist immer noch die Nummer eins und wird als solche von der Stadtverwaltung mit Sicherheit auch langfristig geschützt.

[Achim]

Der US-Volkssport American Football hat an diesem Wochenende mit den Play-Offs begonnen. Ein guter Zeitpunkt um über die Unterschiede beim Profisport zu schreiben. In Deutschland ist das ja ganz einfach. Vereine gründen einen Verband, in dem sich die Funktionäre hinter den Kulissen bis zum Anschlag in Intrigen und politischen Spielchen ergehen. Der Verband organisiert die Liga, in der alle Vereine zwei Mal gegeneinander spielen (mit wechselndem Heimrecht). Wer am Ende die meisten Punkte hat steigt auf bzw. wird Meister, wer schlecht spielt steigt ab. Im Eishockey gibt es eine Doppelrunde, also 4 Begegnungen zwischen den Teams, und anschließend ein Play-Off.

Ein Verein besteht aus Mitgliedern, die demokratisch ihren Präsidenten wählen. Im Profisport ist es inzwischen üblich, dass diese Vereine Firmen für den Profisport gründen. Je nach Sportart und Land werden auch Anteile an andere Eigentümer verkauft. Im deutschen Fußball jedoch gilt die 50+1-Regel, so dass der Verein Mehrheitseigentümer an der Gesellschaft sein muss. Der englische Fußball wiederum ist voller Beispielen von privaten Eigentümern, so gehört z.B. Manchester United der Glazer-Familie, der auch das American Football Team Tampa Bay Buccaneers gehört. Das führte wiederum zu großen Protesten und der Gründung eines neuen Vereins mit ähnlichem Namen, dem FC United of Manchester, der sofort mit der Gründung einen weltweiten Kultstatus unter Fußball-Traditionalisten bekam und sich immerhin schon von der 10. englischen Liga in die 7. Liga hochspielte. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.

Hier in Nordamerika ist Profisport ähnlich einfach gestrickt, jedoch ganz anders. Profimannschaften haben keinen Verein als Hintergrund, sondern sind eine Firma mit rein kommerziellen Interessen. Einen Verband gibt es nicht, eine Liga ist ebenfalls eine Firma. Auf- und Abstieg gibt es nicht, es gibt jedoch sogenannte Farmteams, in denen große Mannschaften ihren Nachwuchs zur Ausbildung parken können. Ligen mit Farmteams sind zum Teil eng an die „großen“ Ligen gebunden, der Eigentümer eines Teams kann durchaus auch identisch mit dem Eigentümer eines Farmteams seins.

Das Wort Verein wird im Profisport durch das Wort „Franchise“ ersetzt. Rekordtorschütze in der Vereinsgeschichte heißt also z.B. „Scoring record in the franchise history“. Dieses Franchise kann aus rein wirtschaftlichen Gründen den Standort wechseln, wie viele von uns seit dem Film „Die Indianer von Cleveland“ wissen. Oft locken Städte die Teams mit Versprechungen wie z.B. einem neuen Stadion etc. Solche Standortwechsel lösen bei uns natürlich erst einmal Verwunderung oder Bestürzung aus. Jedoch wurde in Deutschland schon aus den München Barons die Hamburg Freezers. Aber gut, das war im Eishockey, und die Strukturen im deutschen Eishockey sind ähnlich stabil wie in der italienischen Politik.

Ungewöhnlich für uns Europäer ist auch das Transfersystem. Natürlich gibt es auch hier Spieler, die nach Ablauf ihres Vertrags frei den Verein wechseln können. Diese werden hier free Agents genannt, sind jedoch seltener anzutreffen als in Europa nach dem Bosman-Urteil. Je nach Liga gibt es zum Teil auch noch Auflagen oder eine Kompensation für das ehemalige Team des Spielers.

Allerdings kann ein Team nicht beliebig neue Spieler aus anderen Mannschaften verpflichten, wie wir dies (oft durch Zahlung gegen eine Ablösesumme an den derzeitigen Verein) kennen. Hier gibt es einmal im Jahr den sogenannten Draft, bei dem Nachwuchsspieler verpflichtet werden, und an der alle Vereine einer Liga teilnehmen. Die Reihenfolge ist umgekehrt zum sportlichen Erfolg, d.h. der schwächste Verein darf sich den vermeintlich stärksten Spieler sichern. Dadurch soll schwachen Teams die Chance gegeben werden sich an die starke Konkurrenz wieder heranzuarbeiten. Jedes Team darf mehrere Spieler auswählen, folglich findet der Draft in mehreren Runden statt.

Das hat auch einen gewissen Hauch von Menschenhandel, da gedraftete Spieler oft sofort von den Vereinen getauscht, ohne dass diese jemals das neue Trikot auch nur einmal in einem Spiel überziehen. Die Spieler haben hier nicht besonders viel zu melden, mir ist nur Eric Lindros bekannt der den Aufstand wagte und sich in 2 Ligen beim Entry Draft weigerte, für den neuen Verein zu spielen. Im ersten Fall wurde er sofort weiterverkauft. Der Verein der ihn für die NHL draftete, die Quebeck Nordiques, wollten den angehenden Superstar dennoch für sich spielen lassen, was der Sturkopf damit beantwortete, dass er weiter für seinen aktuellen Verein in einer unterklassigen Liga weiterspielte.

Im nächsten Jahr kauften ihn die Philadelphia Flyers für 15 Millionen US$ und 6 Spieler des aktuellen Kaders von den Nordiques ab. Auch das Recht des ersten Drafts der nächsten beiden Saisons ging an die Nordiques über. Inzwischen nennt sich dieses Team Colorado Avalanche und hat seither zwei Mal die Meisterschaft gewonnen, der damalige Deal war Grundlage für diesen Erfolg.

Phyladelphia war vermutlich weniger glücklich mit dem Wunderkind Lindros. Auch wenn er starke Leistungen zeigte konnte er die Hoffnungen auf den nächsten Wayne Gretzy, der beste Eishockeyspieler aller Zeiten, nicht erfüllen. Das liegt aber auch an den 8 Gehirnerschütterungen, die Lindros im Laufe der Zeit sammelte.

Auch Wayne Gretzy musste sich schon auf negative Art und Weise mit dem Transfersystem auseinandersetzen. 2 Stunden nach einer weiteren Meisterschaft mit den Edmonton Oilers musst er erfahren, dass ihn der Teambesitzer aufgrund schlecht laufender Geschäfte in anderen Firmen verkaufen will. Kanada war ab diesem Zeitpunkt vermutlich mehr in Aufruhr als Tokyo bei einer Invasion von Godzilla. Am Ende wurde er und zwei andere Spieler von den LA Kings gekauft - für 2 Spieler aus deren Kader, 15 Millionen US$ und die Erstrunden-Drafts (der Kings) der Jahre 89, 91 und 93. Der so von den Kings erstandene Erstrunden-Draft 89 wurde übrigens von den Oilers erst gar nicht wahrgenommen, sondern wanderte in einem weiteren Geschäft zu den New Jersey Devils.

Gretzky gab in Edmonton unter Tränen eine Pressekonferenz, die Zeitungen in Edmonton erschienen mit Trauerflor. Durch diesen Transfer wurde Eishockey in den USA jedoch deutlich bekannter und beliebter. Gretzky spielte sich weiter zur lebenden Legende, sammelte Rekorde und schoss ungebremst Tor um Tor, für einen weiteren Titel reichte es jedoch nicht mehr.

Das Transfersystem ist übrigens nicht der einzige Punkt, in dem die Liga für Chancengleichheit sorgen will. Es gibt Gehaltsobergrenzen, die dafür sorgen dass ein Team nicht zu viele Stars im Kader sammeln kann, auch partizipiert das Gast-Team an den Zuschauereinnahmen des Gastgebers. Dies ist je nach Liga unterschiedlich stark ausgeprägt. VIP-Logen sind davon jedoch meistens ausgenommen.

Für traditionsbewusste Sportfans aus Europa hört sich vieles davon sehr abenteuerlich an. In einem Punkt ist Europa jedoch viel kommerzieller als amerikanischer Sport: Ob NFL, NBA, MLB oder NHL: Hier gibt es keine Trikotwerbung!

[Achim]